Von DOROTHEE APEL
Vergrößern BILD am SONNTAG
Er ist der Oberjuror Deutschlands und macht die 7. Staffel der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ zur erfolgreichsten in der Geschichte von „DSDS“. Allein im Januar wollten mehr als 80 Millionen TV-Zuschauer Dieter Bohlen (55) beim Sprücheklopfen zusehen. In BILD am SONNTAG spricht der Jury-Titan jetzt darüber, was ihn im Leben wirklich ärgert, wen er im Fernsehen zu nett findet, über das Gerücht, seine Freundin Carina sei schwanger – und er kürt seine persönlichen Superstars.
BILD am SONNTAG: Hallo, Herr Bohlen, wie geht’s Ihnen da oben im Quotenhimmel?
DIETER BOHLEN: Och, so weit ganz gut. Danke schön.
Sind Sie zurzeit ein relativ sorgenfreier Mensch?
Solange wir dreimal so viel Quote haben wie die direkte Konkurrenz, muss ich mir nicht viele Sorgen machen.
Gibt es nichts, was Ihnen wenigstens für Minuten den Schlaf raubt?
Es ärgert mich, wenn ich missverstanden werde. Das perlt nicht alles so an mir ab, wie viele Menschen denken, aber Fliegen verstehen den Flügelschlag des Adlers auch nicht.
Kritik verletzt Sie?
Wenn jemand mir die Kompetenz abstreitet, werde ich sauer. Das ist, als wenn jemand über Stevie Wonder sagt: Der ist nicht blind.
Irgendjemand hat errechnet, dass Sie ohne Unterbrechung 41,2 Jahre in den Charts wären – wenn man alle Platzierungen zusammenzählt. In Russland sind Sie im Dezember vor 62 Millionen TV-Zuschauern aufgetreten.
Toll, oder?
Beinahe unglaublich. Für Sie ist gut, was kommerziell erfolgreich ist?
Das gilt doch für jede Branche. Ich wollte nie Kunst machen, habe nie den Wunsch gehabt, etwas für die Ewigkeit zu machen. Ich wollte einfach immer nur Spaß haben und viel Geld verdienen.
Wie mit „Cheri Cheri Lady“?
Neulich bei meinem Auftritt in Moskau dachten die jungen Russen, dass meine Songs russische Volkslieder sind, weil sie damit aufgewachsen sind. Wenn ich hundert Jahre unter der Erde bin, singen die Kinder meine Lieder aus einer Gesangsfibel.
Ein Erfolg, der „Tokio Hotel“ auch mal vergönnt sein wird?
Glaub ich nicht. Der Erfolg von „Tokio Hotel“ ist im Moment mehr Fake. Vom letzten Album haben die gerade mal 25 000 CDs in Deutschland verkauft. In derselben Zeit, auch wenn das jetzt vielleicht niemand gern hören will, hat Michael Hirte mit seiner Mundharmonika 800 000 Platten verkauft.
Mögen Sie „Tokio Hotel“ nicht?
Doch, sehr sogar, aber ich habe Angst, dass denen irgendwann der gleiche Hass entgegengebracht wird, wie wir ihn als „Modern Talking“ zu spüren bekamen.
Warum?
Weil sich Bill Kaulitz und der damalige Thomas Anders aus dem Jahr 1986 äußerlich sehr ähnlich sind: Sie schminken sich doll, tragen Lipgloss, sind feminin. Die kriegen es später knüppeldicke. Das habe ich Thomas damals nicht gegönnt, das gönne ich Bill heute nicht.
Würden Sie „Tokio Hotel“ produzieren, wenn die bei Ihnen anfragen?
Nein, die verkaufen mir zu wenige CDs! Für ein Konzert in Russland kriege ich das x-Fache wie für einen Nummer-1-Hit mit „Tokio Hotel“. Die Zeit der Band ist höchstwahrscheinlich vorbei.
Apropos vorbei: Wie lange wollen Sie „DSDS“ noch machen?
Solange es Spaß macht. Mein zweites Standbein ist außerdem das „Supertalent“ – das ist die Unterhaltungssendung der nächsten zehn Jahre. Damit werde ich hoffentlich „Wetten, dass . .?“ überholen. Hätte ich schon längst, wenn wir die gleichen Wettbewerbsbedingungen hätten. Das ZDF sendet bis 23.15 Uhr ohne Werbung und wir mit „DSDS“ bis 21.15 Uhr mit zwei Werbeunterbrechungen. So etwas kann man nicht vergleichen.
Götz George monierte übrigens Ihre derbe Ausdrucksweise . . .
Ich erinnere mich gut, dass Zeitungen vor 20 Jahren nachrechneten, er habe in der Schimanski-Rolle insgesamt 67-mal „Scheiße“ am Tag gesagt. Er war erfolgreich, weil er authentisch war. Jetzt im Alter fängt er an, Käse zu erzählen.
Sie wollen Ihre Ausdrucksweise nicht ändern?
Ich bin wie ich bin. Wer das nicht will, kann ja stattdessen Arte einschalten. Gestern lief da was über Robben im Atlantik . . . War auch ganz schön – ganz schön langweilig.
Dieter Bohlen: Ginge es nach mir, wäre Guttenberg Kanzler!
Dürfen Freunde Ihnen denn die Meinung sagen?
Von denen erwarte ich das sogar. Ich will keine Komplimente, sondern in erster Linie Kritik. Ich will nicht okay und nett sein, und schon gar nicht Everybody’s Darling! 50 Prozent können mich Scheiße finden, wenn 50 Prozent mich toll finden, das sind 100 Prozent Polarisierung!
Blöde Sprüche auf der Straße gab’s doch sicher schon?
Ich muss Sie enttäuschen, es heißt eher: Dieter, wir lieben dich. Überall kommen mir Menschen entgegen und sagen: „Herr Bohlen, bleiben Sie wie Sie sind, und sagen Sie weiter die Wahrheit!“
Sind wir Deutschen zu nett?
Es gibt nicht so viele Bohlens im deutschen Entertainment, die das sagen, was sie wirklich denken. Ich könnte zehn Stunden nur Leute runterrappeln, die schrecklich nett sind.
Fangen Sie an . . .
Thomas Gottschalk, Kerner, Beckmann, Pilawa, Kai Pflaume. Was haben sie gemeinsam? Boah, sind die nett! Ich finde, dass sie privat alle ein bisschen ehrlicher sind. Aber sobald die Kameras angehen, sind sie nur noch nett.
Sie als Oberjuror Deutschlands: Was halten Sie beispielsweise von Johannes B. Kerner?
Bei gewissen Personen funktioniert der Wechsel von den Öffentlich-Rechtlichen zum privaten Fernsehen einfach nicht, bei Johannes leider gar nicht. Manchmal geht’s auch ohne Senderwechsel schief: Die Castingshow, die Gottschalk moderiert hat, ging auch in die Hose.
Angela Merkel?
Die ist im Moment in einer sehr schwierigen Situation. Ich glaube, dass Frau Merkel eine unglaubliche Taktiererin ist, die nie einen Schritt spontan macht. Kohl-Schule, sie scheint gut aufgepasst zu haben!
Guido Westerwelle?
Ich finde die FDP natürlich toll, klar, ich mag mein Geld. Westerwelle finde ich wirklich gut, aber auf diesem Posten ist er nicht optimal, genau wie zu Guttenberg in dieser Position nicht optimal ist. Das ist ein grundsätzliches Problem dieser Regierung: Leute, die gut sind, sind bei uns auf falschen Posten.
Wie würden Sie zu Guttenberg und Westerwelle besetzen?
Als Finanz- und Wirtschaftsminister wären zu Guttenberg und Westerwelle ein Dreamteam, wer da was machen würde, wäre mir egal. Dem zu Guttenberg traut man was zu, der ist ein Hoffnungsträger, ein kleiner Obama. Wenn ich in Deutschland was zu bestimmen hätte, wäre im Moment zu Guttenberg Kanzler!
Wie finden Sie Michael Schumacher?
Wenn man so viel Geld auf dem Bankkonto hat, muss ich dann immer noch mein Leben riskieren? Ja, er ist Leidenschaft pur. Er will siegen und das noch einmal erleben. Das kenn ich selber gut genug von mir. Er ist Quoten-Garant, so was wie der Dieter Bohlen der Sportszene! Ich hoffe, dass es gut ausgeht und er nicht durch irgendeinen blöden Zufall einen Unfall hat. Toller Typ, gibt ja auch nicht mehr so viele, die mehr Kohle haben, als ich ... (Bohlen lacht).
Günther Jauch?
Wir sind die wichtigsten Köppe des Senders. Günther ist genau das Gegenteil von mir, der ist Everybody’s Darling. Wir sind wie Südpol und Nordpol bei RTL. Ich habe ihn noch nicht häufig privat getroffen. Mal hinter der Bühne, mal in der Lounge am Flughafen. Er ist immer super nett, ein bisschen schüchterner als im Fernsehen. Ich glaube, der zählt abends wirklich sein Geld im Brustbeutel nach.
Stefan Raab?
Fangen wir mal mit dem Positiven an: Stefan ist wahnsinnig leidenschaftlich und kreativ, das haben wir gemeinsam. Aber vieles ist bei ihm nicht so spontan, und er ist nicht der Super-Chaot, den er in der Öffentlichkeit immer darstellt. Er ist ein guter Geschäftsmann.
Ernst August von Hannover?
Kann ich nichts zu sagen, weil ich von dem nicht viel weiß. Ich finde Caroline von Monaco toll, nach so einer Geschichte ihres Mannes noch vors Gericht zu gehen und für ihn auszusagen. So eine Frau hätte ich auch gern gehabt.
Herbert Grönemeyer?
Einer der talentiertesten Komponisten Deutschlands. Er schreibt große Balladen, kombiniert mit guten Texten. Früher mochte ich diese Nuschel-Stimme nicht, aber jetzt find ich den ganz toll.
Simone Thomalla und ihr „Playboy“-Auftritt?
Eine tolle, attraktive Frau. Wenn es ihr Spaß macht, sich auszuziehen, ist das doch schön. Ich glaube, dass sie das gemacht hat, um von außen Zuspruch zu bekommen. Vielleicht sind das nach der Trennung vom Assauer ja Bewerbungsfotos? Für wen auch immer.
Lothar Matthäus?
Den hab ich irgendwie lieb. Trotz seiner ganzen Bruchlandungen, die er gemacht hat, glaube ich, dass er ein ganz ehrlicher Typ ist. Ich teile die Menschen in zwei Kategorien: mit den einen würde ich gern mal ein Bier trinken und mit den anderen nicht.
Mit Loddar würden Sie?
Auch zwei. Ich wüsste, dass wir viel lachen würden. Der rasselt in seine Beziehungen halt immer so rein. Der lebt sein Leben wie ein Fußballspiel. Da liegt ein Ball, und er muss den einfach schießen, ohne lange nachzudenken.
Und Carina?
Hä?
Ihre Freundin. Ist sie die Richtige?
Für mich ja.
Es gibt Gerüchte, dass Sie zum fünften Mal Vater werden. Stimmt’s denn?
Ich habe mein Privatleben in letzter Zeit aus der Öffentlichkeit rausgehalten. Früher hatte ich immer Frauen, die in die Öffentlichkeit wollten, Carina hat daran kein Interesse.
Also ist Carina die Richtige.
Carina tut mir gut! Wenn man in völliger Harmonie lebt, kann man so viel erreichen. Früher habe ich einfach 50 oder 60 Prozent meiner Energie in dem Stress verloren, den ich in meinen Partnerschaften hatte.
Diesmal ist es für immer?
Bei der Liebe ist es wie mit Sternenkonstellationen, irgendwann sind die Bedingungen so, dass alles passt. Wenn wir uns vor 20 Jahren kennengelernt hätten . . . Ach nee, da war ich ein ganz anderer Mensch als heute. Und Carina wäre fünf gewesen, das wär ja Käse!
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